Sonntag, 9. Oktober 2011

ein Posting, an das ich immer wieder denke

Ein Posting, an das ich immer wieder denke, ist das von Mia Bernstein vor einigen Monaten: Alles nur Theater

Immer und immer wieder trifft man auf solche Leute. Und es dauert eine ganze Weile, zum Teil Jahre, bis man hinter die Fassade kommt.

Mir hilft dieses Posting auch, weil es eben dieses so oft inszenierte Theater so kurz und prägnant auf den Punkt bringt.

Ich komme darauf, weil ich gestern zufällig eine Bekannte getroffen habe. Eine Bekannte, mit der ich mich sehr gut verstehe, nur: Sie geht in meine alte Gemeinde. Und die Leitung dort, die ist so, wie Mia Bernstein beschreibt. Sehr künstlerisch, sehr virtuos .... bis alles zusammenkracht und jede Glaubwürdigkeit vorbei ist. Der Saal leert sich nach und nach. Zum Teil - bei den Leuten, die über eine grosse Selbstbeherrschung verfügen - schweigend (weil alles reden nichts bringt), und dann gibt es wohl einen Teil (habe ich nicht mitbekommen, muss aber so sein ... wenn ich eine Neuerung auf deren Website richtig interpretiere), die Rabatz (oder was die werte Leitung so als "Rabatz" versteht) machen.

Wobei ich mir vorstellen kann, dass so eine Gemeindebühne derartige Künstler besonders anzieht, kann man sich dort derartig produzieren und Leuten vorschwätzen, wie sie sich zu verhalten haben, um ein gutes Leben zu führen. Dieser Heiligenschein um den Prediger, durch nichts gerechtfertigt, ausser durch des Trägers starke Sehnsucht danach.

Ich muss auch sagen, wenn man das alles live erlebt, das ist schon der Hammer. Man mag gar nicht glauben, dass es eine derartige Verlogenheit und Tolldreistheit tatsächlich gibt. D.h. es mag sie ja schon geben, aber, so denkt sich unsereins, das ist den Schönen und Reichen, den Promis, den Klatschspalten vorbehalten. Unsereins wird das nie beobachten (geschweige denn erleben) können, denkt sich unsereins, das steht nur in der Gala & Co.

Und im Übrigen finde ich das allgemeine Bashing auf Religionen nicht gerechtfertigt, denn die Religionszugehörigen (welcher Religion auch immer) stellen schlicht unsere Gesellschaft dar. Muss man eben zugucken, wie man miteinander zurecht kommt. Die Vielfalt des Lebens.

Trackback URL:
https://violine.twoday-test.net/stories/ein-posting-an-das-ich-immer-wieder-denke/modTrackback

Waelti (Gast) - 9. Okt, 18:40

hm,

ich glaube da fehlt was? Vielleicht nicht ganz so wichtig, allerdings sind Interpretationen, das was bei mir grad' im Kopf abläuft, häufig falsch.

Wenn es Jahre dauert, bis man bei manchen hinter die Fassade kommt, dann bedeutet das allerdings auch: in den Jahren hat sich das "Selbst" und der "Andere" verändert. Mehr oder weniger stark? Ob als sicher angenommen werden kann, das der Andere auch schon vor Jahren so war, wie wir in jetzt wahr-nehmen?

Vielleicht geht es auch nicht um ein allgemeines Bashing auf Religionen. Oder, umgedreht, ein allgemeines Bashing auf Nichtreligionen - die Atheisten.

Vielleicht geht es nur darum: Wir haben scheinbar gerne Menschen um uns, die möglichst ähnlich sind. Am besten Gleich sind. Und da wird dann, mehr oder weniger dezent, nachgeholfen. Weil: anders, das kann doch nicht richtig sein?

Erving Goffmann hat sein Buch "Wir alle spielen Theater" vermutlich nicht grundlos geschrieben. Naiv wie ich bin denke ich: meist' ohne böse Absicht. Ein bisschen Träumen darf ich ja auch.

Marc Aurel, in den "Selbstbetrachtungen" hat viele interessante Dinge geschrieben:

» "Was für ein lächerlicher Fremdling auf Erden ist der, der über irgendein Ereignis in seinem Leben erstaunt." «

Klingt hart? Vielleicht weil wir gerne eine einfache, gerechte, xyz Welt hätten.

Und das ist auch von M.A.

» "Heute werde ich mit Leuten zusammen sein, die zuviel reden - Leuten, die egoistisch und undankbar sind. Allein das soll mich weder erstaunen noch in Wallung versetzen, denn eine Welt ohne solche Menschen kann ich mir nicht vorstellen." «

Die Welt "ist". Und die Menschen "sind". Fertig ;)

"Muss man eben zugucken, wie man miteinander zurecht kommt."

... das kann allerdings noch ein Weilchen dauern.

Liebe Grüße

Violine - 9. Okt, 19:05

Mit dem Posting von Mia Bernstein sind zum Beispiel Narzissten gemeint, bei denen das ganz signifikant auftritt. Weiss ich aus Erfahrung.
Also wirklich ganz signifikant. Du kannst Dir das wie eine Marzipantorte vorstellen. Obendrauf die schöne Marzipanschicht, schön dekoriert und alles, und unten drunter die tatsächlichen Bedürfnisse. Mein Vater zum Beispiel wird lieber wahnsinnig als seine tatsächlichen Bedürfnisse zuzugeben. (Vielleicht ein krasses Beispiel, aber so ist es.)

Zum allgemeinen Theaterspielen, das Du ansprichst, hier der heutige Impuls auf der Website der Jesuiten:Dein Geist, Herr, ist ein Geist des Friedens. Lass uns im Frieden einsehen, was wir sind und was wir nicht sind und wozu Du uns in Deiner Liebe berufst, damit wir die Freude erleben können, zu dem zu werden, was wir nach Deinem Willen sein sollen. (Carlo Kardinal Martini SJ)

Und als ich an dieses Religionsbashing dachte, da dachte ich daran, wie sehr in der betreffenden Gemeinde das eine gelehrt und das andere gelebt wird. Das ist natürlich eine ganz, ganz herbe Enttäuschung, v.a. für diejenigen, die hinterhergefolgt sind und geglaubt haben.
Und es steht symptomatisch für vielerlei Enttäuschung (oder gar Hass) zum Beispiel der Kirche gegenüber. Die Kirche, die so oft eine hohe moralische Instanz sein will (bzw. es wird so an sie herangetragen), und die diese Erwartung dann ganz bitter enttäuscht.
Und in diesem Sinne meine ich, dass die verschiedenen Religionsgruppierungen einfach nur ein Spiegel unserer Gesellschaft sind. Und das Bashing finde ich deswegen unangebracht, weil nicht einer - oder einige oder mehrere - für alle stehen. Das ist in keiner Gesellschaft so. Man muss sich schon selbst auf die Suche machen und die Spreu vom Weizen trennen. Und im Falle Christentum (bei den anderen Religionen kenne ich mich nicht aus) wie es das Zitat sagt, sich noch dazu selbst hinterfragen und hinterfragen lassen (ein hoher Anspruch, aber von nichts kommt nichts).
Waelti (Gast) - 9. Okt, 19:51

Da steckt gewaltig viel Information drin, ich bin wieder am analysieren ;)

Bei dem Teil "[..] lieber wahnsinnig als seine tatsächlichen Bedürfnisse zugeben" geht mir einiges durch den Kopf. Zum Beispiel - der innere Kampf zwischen dem Erkennen der tatsächlichen Bedürfnisse und, nicht weit weg, dann das 'es kann nicht sein, was nicht sein darf'. Zuzugeben, dass die eigenen Bedürfnisse und das eigene Tun nicht zusammenpassen ist schwer, vor allem wenn man 30 Jahre das 'Falsche' getan hat. Durfte ich selbst erleben.

Wenn ich ein Weilchen über dein Beispiel nachdenke, dann fühlt es sich für mich so an: das gilt dann für die meisten Menschen. Das Sich und Anderen etwas vormachen ist doch Normalfall? Bestimmte Rituale die durchgeführt werden, die kennt man, da fühlt man sich wohl. Na ja, nicht wirklich wohl, aber man kennt das Gefühl eben, hat sich dran gewöhnt. In sich selbst etwas anderes suchen? Das ist dann eben anders, neu, ungewohnt. Macht Angst.

Beim Impuls bei den Jesuiten ging mir zuerst Mt 10.34-36 durch den Kopf. Der Teil mit - Frieden? Schtonk! Das Schwert! Und so.

Hinterherfolgen bedeutet m.E. auch zu akzeptieren, anzunehmen. Und damit ein bisschen nicht selbst Denken wollen. (Das klingt oft vorwurfsvoll... "nicht selbst Denken wollen". Ist aber ein normaler menschlicher Vorgang, dass bestehendes, anerkanntes nicht immer hinterfragt wird. Wir wären sonst nicht lebensfähig.) Vielleicht als wichtigster Punkt beim Hinterherfolgen: Vertrauen, mit Erwartungen gemischt. Ob das Vertrauen oder die Erwartungen häufiger enttäuscht sind, da ist meine Meinung immer sehr stark von der Tagesform abhängig ;)

Klar sind Religionsgruppen auch ein Spiegel der Gesellschaft. Jede Gruppenbildung ist ein Spiegel der Gesellschaft und sagt etwas aus. Vor allem mal, dass wir uns unter Gleichen eben wohler fühlen. Gleich bedeutet in dem Fall nicht - so tun, als ab man gleich wäre. "Das eine gelehrt und das andere gelebt", der Teil beschäftigt mich die letzten 14 Tage stark. Völlig losgelöst von Religon, Kirche und Moral. Ganz einfach da, wo ich genauer hinschaue. Authentisch sein, das tun, was man sagt. Seltene Eigenschaft. Ob das "seltener" geworden ist, oder schon immer so war, da habe ich keinen Schimmer. Nix mit Früher war alles viel besser ;)

Inwieweit ein "Hass" - auf die Kirche - wirklich ein Hass auf die Kirche/Gruppe ist, da bin ich mir nicht sicher. Vielleicht auch manchmal ein Hass auf sich selbst? Weil man sich hat täuschen lassen? Ich habe noch nicht wirklich intensiv darüber nachgedacht, aber die Bedeutung von "Kirche" hat sich wohl in den letzten 50 Jahren gewaltig verändert.

Den Teil, dass die Kirche eine moralische Instanz sein will, den lasse ich weg. Blutdruck, Puls, Alter.
Violine - 10. Okt, 16:26

Ich musste Deinen Kommentar jetzt auch erst mal sich setzen lassen. Gewichtig ist er, gut durchdacht.

Und er hat mich gestern abend nochmal dazu gebracht, über meine alte Gemeinde nachzudenken. Und habe nun wohl mehr oder minder damit abgeschlossen. Was soll man schon sagen?

Man kann wirklich nicht über alles selbst nachdenken. Gerade an meinem Vater habe ich gemerkt, wie sehr doch alles auf Vertrauen gegründet ist. Dass das eine unserer Lebensgrundlagen ist. Einfach, weil man von einer gemeinsamen Grundlage ausgehen muss. Weil das mit der Informationsverarbeitung sonst zuviel wird. Was keiner leisten kann.

Und ich hoffe noch immer, dass mein Vater wenigstens ein bisschen lernt, seine Bedürfnisse zu erkennen und anzunehmen. Immerhin, seine Lebensgefährtin hat, denke ich, schon einiges bewirkt. Aber schwierig ist es mit ihm nach wie vor. Ständig muss man auf irgendwelche blöden Überraschungen gefasst sein.

Bei dem Stichwort "Hass" denke ich auch an so etwas, wenn Menschen böse ausgenutzt oder gar missbraucht worden sind (etwa die bekannt gewordenen Fälle von sex. Missbrauch). Bei Missbrauch wird ganz gewaltig was zerstört, die Betroffenen leiden in der Regel ihr Leben lang. Da zu verzeihen oder sich gar wieder der Kirche zuzuwenden, das ist ein gewaltiger Schritt. Verständlich, wenn den nicht jeder schafft.

Und ich glaube auch, dass sich so etliche an irgendwas klerikales wenden, weil sie einfach ihre Ruhe und ihren Frieden möchten. Das kann man nun niemandem verdenken. Ich möchte auch meine Ruhe und meinen Frieden, ich bin kein Mensch für Halligalli.
Waelti (Gast) - 10. Okt, 23:46

Genau bringe ich das im Moment nicht zusammen mit Veränderungen und Alter. Etwa so - bei Menschen über 30 Jahre dauert es mindestens 10 Jahre, bis etwas Neues akzeptiert wird. Bei Deinem Vater Änderungen feststellbar...

... zeigt zweierlei. Eingefahrene Bahnen verlassen, das ist möglich. Auch im Alter. Und selbst diese kleinen Änderungen sehen, erkennen, das kann auch nicht jeder.

Vielleicht war mein Kommentar auch etwas komplex weil ich in letzter Zeit viel über Foren zum Thema Religion, Esoterik und die Gegenmeinungen nachdenke.

Selbst Atheist fühle ich mich bei dem Gedanken nicht besonders wohl: "Festgefahren sein" gibt es auf beiden Seiten. "Meine" Seite schneidet m.E. oft nicht besonders gut ab.

Ob sich das "Füreinander da sein" nun Religion oder Humanismus nennt, wichtig sind meistens Kleinigkeiten. Aufheitern, trösten, zuhören, da sein. Vor allem Geduld. Die Welt wird deshalb nicht zum Paradies, vielleicht halt ein bisschen erträglicher?


Noch ein kleiner Spruch von Paul Watzlawick:
"In der Wahl seiner Eltern kann man nicht vorsichtig genug sein."

Ich wünsche Dir eine Gute Nacht :)
Violine - 11. Okt, 11:22

Ach, waelti, dieser Spruch von Watzlawik ist einfach klasse. Und bringt es auf den Punkt, weil man seine Eltern eben nicht aussuchen kann.

Was mir bei den verschiedenen Weltanschauuungen (sei es Religion irgendwelcher Art, Atheismus, Humanismus, ... ) so auffällt, ist, dass deren Vertreter leider nur allzu oft meinen, sie hätten die absolute Wahrheit. Sie hätten die Weisheit gepachtet und alle anderen nicht. Ich denke, das ist auch das, was diese Weltanschauungen oft so, hm, sagen wir unlebbar macht. Oder unbrauchbar für den Alltag. Diese Mauer aus Stolz. Oder wie auch immer man das ausdrücken soll.

Danke für den Gedankenaustausch, waelti! :-)

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